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Hagebutten-Essig

Hast du schon Apfelessig als Konservierungs- und Auszugsmittel für Aromen und Inhaltsstoffe aus Pflanzen entdeckt? Einen mit Früchten, Gewürzen oder Kräutern aromatisierten Essig herzustellen, ist einfach, gelingt sicher und den Geschmackskombinationen sind keine Grenzen gesetzt! Vom Himbeer- über Kapuzinerkresse-Essig bis hin zum immunstärkenden Fire Cider ist alles denkbar. Man sollte nur darauf achten, einen Essig mit mindestens 5% Säuregehalt zu verwenden und nicht zu viel Feuchtigkeit einzubringen, um Schimmelbildung vorzubeugen. Außer Apfelessig lässt sich natürlich jeder andere Essig verwenden – ich persönlich finde aber, er ergänzt sich sehr gut sich mit vielen verschiedenen Aromen. In der Kräuterkunde ist er besonders beliebt, da man ihm antimikrobielle, verdauungsfördernde und blutzuckerregulierende Eigenschaften nachsagt.

Eine Wildpflanze, die sich ab September bis in den Winter hinein für einen fantastisch fruchtigen Essig-Auszug eignet, ist die Rose (Rosa spec., Rosaceae), genauer gesagt ihre Sammelnussfrüchte, die Hagebutten. Das Wort hat germanische Wurzeln: Hag ist die Hecke und Butte das Gefäß. Wie ein Gefäß umfasst der krugartig vertiefte Blütenboden einer Rosenblüte die darin befindlichen Nüsschen. Zur Reifezeit sind Hagebuttenschalen orange, rot, manchmal sogar violett-schwarz. Sie schmecken süß-säuerlich, fruchtig. Vor dem Verzehr müssen allerdings die feinen, mit Widerhaken besetzten Härchen im Inneren der Hagebutte entfernt werden. Sie kratzen fürchterlich und werden nicht umsonst von Kindern als Juckpulver verwendet.

Rosenbluete
Blüte einer Wildrose im Juni (Rosa spec., Rosaceae)
Rose
Der grüne, krugartig vertiefte Blütenboden einer Rosenblüte entwickelt sich im Herbst zur roten Hagebutte
Hagebutte
Vertrocknete Reste von Staub- und Kelchblättern an einer reifen Hagebutte

Die Hagebutten aller Wildrosen und gezüchteten Kreuzungen sind essbar. Unsere häufigste Wildrose ist die Heckenrose (Rosa canina, Rosaceae), ein bis zu 3 m hoher Srauch, der sonnige, eher trockene Standorte an Wald- und Wegrändern, in Hecken und Gebüschen bevorzugt. Ebenfalls weit verbreitet ist die Weinrose (Rosa rubigenosa, Rosaceae), deren Blattfiedern unterseits mit Drüsen besetzt sind. Häufig angepflanzt findet man die Kartoffelrose (Rosa rugosa, Rosaceae) mit besonders großen, ergiebigen Früchten. Typisch für Rosen sind die wechselständigen, unpaarig gefiederten Blätter mit Nebenblättern wie du auch in diesem Beitrag nachlesen kannst. In der Regel finden sich 5–7 Einzelblättchen, deren Rand gesägt ist. Die meisten Rosen sind sehr wehrhaft: Die Heckenrose besipielsweise trägt 3–10mm lange, gekrümmte Stacheln. Bei der Ernte lohnt es sich Handschuhe zu tragen! Am schnellsten kommt man voran, in dem man die Hagebutten mit einer Schere abschneidet. [1, 2]

Hagebutten
Ob groß oder klein: Die Hagebutten aller Wild- und Zuchtrosen sind essbar
Hagebutten

Sammelzeit für Hagebutten ist im September/Oktober vor dem ersten Frost, solange sie noch hart sind. Dann lassen sie sich gut halbieren und man kann die Nüsschen mitsamt Härchen auskratzen. Die so gewonnenen Schalen kann man z.B. trocknen und zu einem Pulver zur Nahrungsergänzung verarbeiten. Für Hagebutten Tee reicht es, ganze Hagebutten zu zerkleinern und zu trocknen. Die Härchen werden mit einem feinen Papierfilter, z.B. einem Kaffeefilter, aufgefangen. Für den besten Geschmack sollten die Schalen mitsamt Nüsschen etwa 10 Minuten köcheln und nicht nur ziehen.

Im Spätherbst werden Hagebutten schnell weich. Dann eignen sie sich am besten für Rezepte, in denen sie ohnehin gekocht werden und die Nüsschen mitsamt Härchen mit der Flotten Lotten entfernt werden: Fruchtmus, Fruchtsoße, Marmelade oder herzhaft zu Ketchup/Tomatensoße ähnlich wie in diesem Rezept. Auch für Hagebutten-Essig macht es nichts, schon weichere Exemplare zu verwenden, hier lassen sich die Härchen einfach herausfiltern.

Die oben beschriebenen Verwendungsmöglichkeiten für Hagebutten lohnen sich nicht nur, weil sie wahnsinnig lecker sind. Hagebutten sind wirklich Superfood: Mit etwa 1000 mg Vitamin C pro 100 g enthalten sie zwanzigmal mehr Vitamin C als Zitronen und sind damit Spitzenreiter unter unseren heimischen Früchten. Schon 25 g decken unseren Tagesbedarf. In Hagebutten ist Vitamin C sogar besonders stabil und übersteht auch kurzes Kochen oder Überbrühen. Darüber hinaus enthalten die roten Scheinfrüchte der Rosen Vitamin A und K, B-Vitamine, Pektine, Zucker, Fruchtsäuren, Gerbstoffe, Carotinoide sowie wertvolle Mineralien wie Kalium, Kalzium, und Magnesium. Hagebutten stärken nicht nur unsere Abwehrkräfte, sie wirken auch leicht harntreibend, cholesterin- und blutdrucksenkend. Außerdem lindern sie Schmerzen bei Arthrose. [2, 3]

Hagebutten-Mus
Vitamin-C-Schub für unterwegs: Mus aus einer weichen Hagebutte drücken oder bei festen Exemplaren einfach um die Nüsschen herum knabbern
Hagebutten

Gründe genug, finde ich, um mit dem Sammelkorb loszuziehen und ein paar Hagebutten zu ernten! Bleibt eigentlich nur noch die Frage, was du mit deinem Hagebutten-Essig machst? Da gibt es viele Möglichkeiten: als Zutat in Salatsoßen, Marinaden, selbstgemachtem Senf. Ein Schuss davon verfeinert jede Suppe. Oder du mischst ein paar Esslöffel davon in ein Glas Mineralwasser als erfrischender sogenannter Trinkessig, auch bekannt als Shrub/Switchel. Wenn dir die Essignote zu sehr dominiert, könntest du den Hagebutten-Essig im Verhältnis 1:1 mit Honig zu einem Oxymel (aus dem Griechischen, Sauerhonig) verfeinern. Pur oder in etwas Wasser verdünnt hilft er, eine sich anbahnende Erkältung abzuwehren. Es lassen sich damit auch leckere Getränke oder Cocktails zaubern. Denkbar wäre Hagebutten-Oxymel auch als eine Art Sirup zu Pfannkuchen, Joghurt, Grießbrei – ich bin mir sicher, du findest noch viele weitere Einsatzgebiete!

Hagebutten-Dressing

HAGEBUTTEN-ESSIG

ERGIBT SO VIEL, WIE DIE ERNTE HERGIBT
glutenfrei, vegan, laktosefrei

sauberes Gefäß aus Glas mit Glas-Deckel (Weck-Glas o.ä.)
naturtrüber Bio-Apfelessig mit mind. 5% Säuregehalt
frische Hagebutten

Hagebutten waschen und sorgfältig abtrocknen, Käppchen und Stiele abschneiden. Hagebutten möglichst fein hacken und ein sauberes Glasgefäß rund ein Drittel bis zur Hälfte damit füllen. Mit Apfelessig aufgießen, etwa bis einen Zentimeter unter den Gefäßrand. Am besten nicht mit einem Twist-Off-Deckel, sondern einem Deckel aus Glas verschließen, da Essig Metall angreift. Kühl und dunkel lagern, dabei möglichst täglich schütteln. Nach 2 bis 3 Wochen durch einen feinen Papierfilter abseihen, z.B. einen Kaffeefilter. Hält sich kühl und dunkel aufbewahrt etwa ein Jahr.

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.
[2] Strauß, M.: Köstliches von Hecken und Sträuchern: bestimmen, sammeln und zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2011.
[3] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[4] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.