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Wilde Möhren aus dem Ofen

Die Wilde Möhre (Daucus carota, Apiaceae) ist eine zweijährige Pflanze: Sie entwickelt im zweiten Lebensjahr ihre Blüten und stirbt danach ab. Als Urform unserer Kultur-Karotten bildet sie genau wie diese eine Rübe aus – nicht so orangefarben, nicht so groß, dafür viel intensiver im Geschmack! Auf die hatte ich es abgesehen, als ich im Frühjahr einige Früchte in einen Topf mit Erde steckte. Jetzt war es Zeit, sie auszugraben: Die Wurzeln der Wilden Möhre wollen von September bis März des ersten Jahres geerntet werden, sonst werden sie holzig (Sie dienen übrigens als Speicherorgan und der Überwinterung).

Ich bringe es nie übers Herz beim Pikieren der kleinen Pflänzchen ordentlich auszudünnen. So hat es mich bei der Ernte wirklich nicht überrascht, dass die Wurzeln dicht an dicht und ineinander verschlungen wuchsen. Ich finde, sie haben sich für die Umstände prächtig entwickelt und sie schmecken ausgezeichnet! Eigentlich braucht es dafür auch kein eigenes Rezept, denn die Rüben der Wilden Möhre lassen sich genauso verarbeiten wie die der Supermarkt-Variante. Trotzdem schreibe ich dir unten auf, wie ich sie im Ofen knusprig gebacken und mit den aromatischen Früchten gewürzt habe. Ein Dip mit fein gehackten Wilde-Möhre-Blättern dazu – ein runde, sehr leckere Sache!

Jungpflanzen
Junge, behaarte Blätter der Wilden Möhre (Daucus carota, Apiaceae)
Fiederblatt
Behaarter Stängel der Wilden Möhre

Mindestens genauso schön wie die Ernte war es, über das Jahr hinweg die Entwicklung der Pflanzen und ihre Merkmale zu beobachten. Das kann ich jedem nur empfehlen, der Pflanzen aus der Familie der Doldenblütler sammeln möchte. Unter ihnen gibt es einige sehr giftige Arten und man sollte sich beim Bestimmen absolut sicher sein! Ein ausführliches Porträt der Pflanzenfamilie und ihrer giftigen Vertreter kannst du in diesem Blog-Beitrag nachlesen, der auch die Begriffe Hüllblätter, Dolden und Co. erklärt, die unten gleich noch wichtig werden.

Woran lässt sich jetzt die Wilde Möhre erkennen? Sie ist eine Pionierpflanze sonniger Ruderalstandorte, trockener Wiesen, Wegränder und Böschungen, die 30 – 100 cm hoch wird. Ihre mehrfach gefiederten Blätter sind auf der Unterseite und dem Blattstiel behaart – genau wie der Stängel auf den Fotos oben. Beim Zerreiben der Blätter lässt sich der typische Möhrenduft wahrnehmen.

Bluetenstand-2
Blütenstand der Wilden Möhre mit "Mohrenblüte"
Bluetenstand
Zerschlitzte Hüll- und Hüllchenblätter

Die Wilde Möhre blüht von Juni bis September, ihre Blüten stehen in weißen Doppeldolden. Manchmal findet sich in der Mitte eine einzelne dunkelviolette „Mohrenblüte“, so auch auf dem Foto oben. Charakteristisch sind die gespaltenen Hüll- und Hüllchenblätter des Blütenstands. Zur Fruchtzeit ist die Dolde wie ein Nest zusammengezogen und trägt zahlreiche hakig-stachelige Früchte. [1–3]

Fruchtstand
Nestartig zusammengezogener Fruchtstand
Winterzustand
Fruchtstand im Winter, nachdem die Früchte abgefallen sind

In der Volksheilkunde wird frischer Wurzelbrei der Wilden Möhre auf entzündete, (sonnen-)verbrannte Haut gestrichen. Auch bei Durchfallerkrankungen setzte man die Wurzel früher ein. Das Öl der Früchte findet in der Naturkosmetik aufgrund seiner hautpflegenden Eigenschaften Verwendung. Wurzel und Früchte wirken außerdem harntreibend [2].

Die Wilde Möhre lässt sich auch in der Küche auf unterschiedlichste Weise einsetzen, von Kopf bis Fuß! Die Blütenstände kannst du im Teigmantel ausbacken oder als essbare Dekoration verwenden. Mit den würzigen Früchten lässt sich vom Brot bis zum Likör alles Mögliche Aromatisieren. Junge Blätter ergeben zum Beispiel ein tolles Pesto. Die Wurzel kannst du roh in den Salat raspeln oder macht sich gekocht in einer Suppe oder Gemüsegerichten gut und versorgt uns dann u.a. mit Vitamin C, B1 und B2, Kalium, Carotinoiden, Pektin und Lycopin [2]. Selbst für wilden Kaffee ähnlich dem aus Löwenzahn- oder Wegwartenwurzel eignen sie sich. Und natürlich ergeben sie ein hervorragendes Ofengemüse!

Wurzeln-aus-dem-Ofen

WILDE MÖHREN AUS DEM OFEN

FÜR 4 PERSONEN ALS SNACK
glutenfrei, laktosefrei, vegan

160 g gewaschene Wurzeln der Wilden Möhre, Blätter bis auf 1 cm gestutzt
2 El Olivenöl
1– 2 Tl fein gemörserte Früchte der Wilden Möhre
1/2 Tl Fleur de Sel

Wurzeln diagonal in etwa 3 cm lange Stücke schneiden – dicke halbieren. In einer Schüssel Wurzelstücke mit Olivenöl, Wilde-Möhre-Früchten und Salz vermengen. Auf einem mit Backpapier ausgelegten Backblech bei 175°C 20-25 Minuten backen, bis die Wurzeln goldbraun und knusprig geworden sind.

Ein Dip aus 4 El (veganem) Joghurt, einer Prise Salz, 2 El fein gehacktem Möhrenkraut, dem Abrieb einer halben Zitrone und einer fein geriebenen, halben Knoblauchzehe schmeckt hervorragend dazu!

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.
[2] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[3] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.