Lindenblüten waren das erste pflanzliche Heilmittel, das ich vor Jahren begonnen habe regelmäßig zu sammeln und für Tee zu trocknen. Wenn man einmal damit angefangen hat, gibt es kein Zurück: Das Aroma ist um Welten besser als das des bis zur Unkenntlichkeit zerbröselten Lindenblüten-Tees, den es häufig zu kaufen gibt. Außerdem ist nichts einfacher als ein paar Blüten zu pflücken, auf einem Tuch oder Gitter auszulegen und zwei Wochen trocknen zu lassen.
Mitte Juni beginnen Sommer-Linden (Tilia platyphyllos, Malvaceae) zu blühen, Winter-Linden (Tilia cordata, Malvaceae) sind etwa zwei Wochen später dran. Mit anderen Worten: Jetzt beginnt die Sammelzeit! Du erkennst Linden an ihren herzförmigen Blättern, die übrigens auch sehr lecker sind, wie du in diesem Beitrag nachlesen kannst. Auf der Blattunterseite der Sommer-Linde finden sich in den Winkeln zwischen den Blattnerven weiße Haarbüschel, ihre Blätter sind behaart. Bei der Winter-Linde sind diese Haare bräunlich, sonst sind die Blätter kahl. Aber Linden neigen zur Bastardisierung und eine Zuordnung ist nicht immer eindeutig möglich.
Noch grüne Blütenknospen sind eine leckere Zutat im Salat. Für die Tee-Ernte sind die frisch geöffneten Blüten von Interesse. Sie sind über einen gemeinsamen Stiel mit einem Hochblatt/Tragblatt verbunden, das auf jeden Fall mit gesammelt wird [1, 2]. Trockenes, warmes Wetter an einem Spät-Vormittag sind ideale Erntebedingungen. Es sollte dir nicht schwer fallen, eine Linde zu finden: Sie ist ein beliebter Alleebaum und häufig in Parks und auf Kirchplätzen anzutreffen. Früher war eine Linde der Schutzbaum des Dorfes, unter dem man Feste gefeiert und Gericht gehalten hat [3].
Du kannst Lindenblüten-Tee zum Genuss trinken oder dir bei grippalen Infekten und Erkältungskrankheiten seine schweißtreibenenden, entzündungshemmenden und antibakteriellen Eigenschaften zunutze machen [4]. Auch trockenen Reizhusten lindert der Tee aufgrund des hohen Schleimgehalts der Blüten. In der Volksmedizin wird Lindenblüten-Tee auch bei Nervosität, Schlafstörungen, Kopf- und krampfartigen Schmerzen eingesetzt [4, 5]. Ich gieße die Blüte gerne mit etwas Ingwer (Zingiber officinale, Zingiberaceae) auf – das schmeckt nicht nur gut, sondern hat zusätzlich entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung [4, 6].
Wenn du genug duftende Blüten für Tee geerntet hast, kannst du sie auch zum Aromatisieren von Sirup, Gelee und Limonade verwenden. Denke aber immer daran, nachhaltig zu sammeln, denn nicht nur wir Menschen mögen den Duft der Linde, sie ist zu Beginn des Sommers eine wichtige Bienenweide.
INGWER-LINDEN-TEE
FÜR 1 Tasse
so viele getrocknete oder frische Lindenblüten, wie du mit 3 Fingern fassen kannst
2 Scheiben Ingwer
200 ml kochendes Wasser
1 Spritzer Zitronensaft
Honig zum Süßen
Lindenblüten etwas andrücken/zerkleinern und mit dem Ingwer in eine Tasse geben. Mit kochendem Wasser aufgießen, abgedeckt 10 min ziehen lassen. Nach Belieben mit Zitronensaft und Honig abschmecken.
Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.
Literatur
[1] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.
[2] Beiser, R.: Tee aus Kräutern und Früchten. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2015.
[3] Strauß, M.: Köstliches von Waldbäumen: bestimmen, sammeln, zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2010.
[4] Grünwald, J., Jänicke, C.: Grüne Apotheke – Das Standardwerk zur Pflanzenheilkunde. Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, 2015.
[5] Stumpf, U.: Meine Pflanzenmanufaktur – Bewährte Traditionen neu entdecken. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2016.
[6] Grainger, P., Sullivan, K.: Kräutertee – 70 besondere Tees zum Selbermischen. Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, 2017.
