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Baumblatt-Taboulé: Blätter dieser Gehölze sind essbar

Zugegeben, es war wohl übertrieben ehrgeizig, alle unsere Bäume, Sträucher und Lianen in einem einzigen Blog-Beitrag beschreiben zu wollen, deren Blätter essbar sind. Aber du musst mich verstehen: Zarte Baumblätter sind das ideale Sammelgut! Dafür brauchst du bloß durch die Nachbarschaft oder den nächsten Park streifen und du musst keine Angst vor Hinterlassenschaften von Hunden haben. Außerdem ist das Frühjahr die beste Zeit dafür. Je nach Art beginnt die Saison März, spätestens Mitte April und dauert bis Anfang Mai. Junge, weiche Blätter strotzen vor Chlorophyll und vielen weitere sekundären Pflanzenstoffen, ältere haben einen höheren Gehalt an Gerbstoffen, werden zäh und ungenießbar. Die wichtigsten „Speisebäume“ stelle ich dir also schon heute nach Familien geordnet vor, viele weitere Gehölze lernst du dann im Blog-Post nächste Woche kennen.

Wo wir gerade bei (Ein-)Geständnissen sind: Reine Blattsalate können mich einfach nicht locken. Mit einer Handvoll Bulgur und ein paar gerösteten Radieschen – innen saftig-süß, außen knusprig – sieht die Welt für mich schon ganz anders aus. Ich lege dir also sehr ans Herz, am Wochenende die Bäume in deiner Umgebung mal mit anderen Augen zu betrachten und diese Baumblatt-Taboulé auszuprobieren! Denke aber immer daran, nachhaltig und mit Bedacht zu ernten, vor allem, wenn du Knospen und Blüten pflückst, aus denen keine Früchte mehr entstehen können.

Seifenbaumgewächse (Sapindaceae)

Charakteristisch für Gehölze dieser Pflanzenfamilie ist die gegenständige Beblätterung. Die Gattung Ahorn gehört dazu, vier Arten kommen bei uns in freier Natur vor: Spitz-Ahorn (Acer platanoides, Sapindaceae), Feld-Ahorn (Acer campestre, Sapindaceae), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus, Sapindaceae) und Französischer Ahorn/Burgen-Ahorn (Acer monspessulanum, Sapindaceae) [1]. Der leckerste – Spitz-Ahorn – ist anhand der typischen Blattform und der spitz zulaufenden Blattlappen gut zu erkennen. Vor dem Blattaustrieb ab Ende März bis etwa Ende April lassen sich seine gelbgrünen Blütenrispen sammeln, die genau wie die Blätter einen schmackhaften Salat ergeben [1, 2]. Knospenschuppen sollten jeweils nicht verzehrt werden. Das hellgrüne Frühjahrslaub ist säuerlich bis süß, beim Berg-Ahorn eher bitter. Blätter vor allem von Feld- und Spitz-Ahorn wurden früher als Sauerkraut eingelegt [2]. Sie lassen sich auch als gedünstetes Gemüse zubereiten. Junge Pflanzenteile des Spitz-Ahorns besitzen einen hohen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen, Eiweiß (5%) und Zucker. Bereits im März lassen sich seine Keimlinge mitsamt der Wurzel sammeln und verzehren. Sie treten oft massenhaft in der unmittelbaren Umgebung alter Bäume auf [1, 2].

Spitzahorn-Keimling
Keimlinge des Spitz-Ahorns (Acer platanoides, Sapindaceae)
Spitzahorn
Blüten und Blätter des Spitz-Ahorns
Spitzahorn-Bluete
Zweigeschlechtliche Blüten des Spitz-Ahorns (Acer platanoides, Sapindaceae)
Spitzahorn-Blatt
Spitz-Ahorn-Blätter

Buchengewächse (Fagaceae)

Ohne unser Eingreifen in die Natur würden Buchenwälder in Mitteleuropa dominieren [1]. Der wissenschaftliche Name der Rot-Buche (Fagus sylvatica, Fagaceae) setzt sich zusammen aus Fagus „Essen“ und sylvatica „aus dem Wald“. Rot-Buchen erkennt man an ihren glatten, silbergrauen Stämmen. Die eiförmigen Blätter haben einen glatten, anfangs bewimperten Rand. Junges Blattwerk schmeckt säuerlich und enthält viele Mineralstoffe. In der Laubstreu vom vorigen Jahr findet man unter Buchen die außergewöhnlichen Keimlinge, die ebenfalls essbar sind. [1–3]

Buchen-Stamm
Rot-Buchen-Stamm und -Knospen (Fagus sylvatica, Fagaceae)
Buchen-Keimling
Rot-Buchen-Keimling
Buche-Knospe
Blatt-Austrieb der Rot-Buche (Fagus sylvatica, Fagaceae)
Buchentrieb

Malvengewächse (Malvaceae)

Blüten, Früchte und die jungen, eiweißreichen Blattknospen und Blätter aller bei uns wachsenden Linden-Arten sind essbar [1, 2]. Sommer-Linde (Tilia platyphyllos, Malvaceae) und Winter-Linde (Tilia cordata, Malvaceae) sind in Mitteleuropa heimisch. Sie neigen zur Bastardisierung, eine Zuordnung ist nicht immer eindeutig möglich [3]. Die herzförmigen Blätter der Sommer-Linde sind besonders weich und mild. Sie eignen sich fantastisch für Salat. Beim Kauen entwickeln sie eine samtige Konsistenz, da sie viele Schleimstoffe enthalten. Blätter der Sommer-Linde werden größer als die der Winter-Linde. Auf der Blattunterseite finden sich in den Winkeln zwischen den Blattnerven weiße Haarbüschel, bei der Winter-Linde sind diese Haare bräunlich [1, 3].

Linde
Blätter der Sommer-Linde (Tilia platyphyllos, Malvaceae)
Linde

Birkengewächse (Betulaceae)

Mitteleuropäische Birken sind milde Speise-Laubbäume. Die Hänge-Birke (Betula pendula, Betulaceae) ist häufiger als die ebenfalls bei uns heimische Moorbirke (Betula pubescens, Betulaceae). Letztere hat keine überhängenden Zweige, durch Bastardbildung ist die Unterscheidung der beiden Arten jedoch oft schwierig [3]. Grundsätzlich sind Birken an ihrem hellen Stamm gut zu erkennen. Von Mitte April bis Anfang Mai lassen sich die rautenförmigen, eiweißreichen Blätter für Salat, Gemüse und Getränke sammeln. Sie enthalten 3% Vitamin C und haben eine stark harntreibende Wirkung. [1, 2]

Birke
Blätter der Hänge-Birke (Betula pendula, Betulaceae)
Birkenstamm
Birken-Stamm

Auch die Gewöhnliche Hasel (Corylus avellana, Betulaceae) zählt zu den Birkengewächsen. Ihre langen herabhängenden männlichen Kätzchen kennst du bestimmt. Aber hast du auch schon einmal auf die weiblichen Blütenstände mit ihren winzigen roten Narben geachtet? Beide erscheinen vor dem Laubaustrieb auf der selben Pflanze. Blätter der Hasel sind rundlich-herzförmig, grob doppelt gesägt und beidseitig behaart. Sie sind eine herb-bittere Salat- und Würzbeigabe oder eignen sich für Gemüsezubereitungen [2]. Außerdem ergeben sie einen angenehm milden Tee. Mit ihrer Behaarung halten sie die Zutaten in einer Teemischung zusammen [4].

Hasel-Kaetzchen
Männliche Kätzchen der Gewöhnlichen Hasel (Corylus avellana, Betulaceae)
Weibliche-Hasel-Bluete
Rote Narben eines weiblichen Blütenstands der Gewöhnlichen Hasel
Hasel-Austrieb
Junge Blätter der Gewöhnlichen Hasel (Corylus avellana, Betulaceae)
Bluthasel
Blut-Hasel (Corylus maxima 'Purpurea', Betulaceae)

Der Name lässt es zwar vermuten, doch Rot-Buche und Hainbuche (Carpinus betulus, Betulaceae) gehören nicht in die gleiche Familie, die Hainbuche ist ein Birkengewächs. Die Blätter der beiden Arten werden gerne verwechselt. Doch das Blattwerk der Hainbuche ist nicht bewimpert, stark gefaltet und am Rand gesägt. Der Stamm einer Hainbuche wirkt wie gedreht [3]. Junges Laub schmeckt leicht bitter und säuerlich. Es lässt sich in Salaten, Gemüsezubereitungen und in der Sauerkraut-Herstellung verwenden [2].

Hainbuche
Blätter der Hainbuche (Carpinus betulus, Betulaceae)

Erlen gehören ebenfalls in die Familie der Betulaceae. Die Schwarz-Erle (Alnus glutinosa, Betulaceae) wird ein stattlicher Baum, die anderen beiden heimischen Arten Grün-, und Grau-/Weiß-Erle (Alnus alnobetula, bzw. Alnus incana, Betulaceae) bleiben eher strauchförmig [3]. Erlenblätter sind gerbstoffhaltig und bitter, zartes Laub lässt sich in geringen Mengen roh oder gekocht verzehren [2].

Hellviolette Blattknospen, hängende männliche Kätzchen und kleinere weibliche Blütenstände der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa, Betulaceae)

Kieferngewächse (Pinaceae)

Mit Ausnahme der Lärche (Larix decidua, Pinaceae) sind Kieferngewächse bei uns immergrüne Nadelbäume. Die Fichte (Picea abies, Pinaceae) ist die häufigste Baumart unserer Wälder [1]. Ihre spitzen, vierkantigen Nadeln stehen in alle Richtungen vom Ast ab. Fallen sie ab, lassen sie eine raue, raspelartige Oberfläche auf den Zweigen zurück [3]. Junge, hellgrüne Fichtentriebe – sogenannte Maiwipferl – enthalten viel Vitamin C und noch wenig ätherisches Öl. Ihr Geschmack erinnert an Zitrone. Man sollte sie sammeln, bevor sie einen harzig-bitteren Geschmack bekommen. Sie sind nicht nur lecker im Salat, auch als Sirup, Gelee, Tee oder Likör lassen sie sich zubereiten [1, 2, 5]. Ausgereifte Nadeln kann man getrocknet und vermahlen als Gewürz verwenden [2]. Junge Männliche Zapfen enthalten eiweißreichen Pollen, auch die weiblichen Zapfen lassen sich verwenden – roh oder z.B. in Sirup gekocht.

Andere mitteleuropäische Kieferngewächse sind ähnlich verwendbar. Du erkennst sie an folgenden Merkmalen: Die Nadeln der Lärche wachsen an Kurztrieben gehäuft, sie fallen im Herbst ab. Die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris, Pinaceae) besitzt 4-5 cm lange Nadeln, die paarweise an Kurztrieben wachsen. Die Weiß-Tanne (Abies alba, Pinaceae) ist an den zwei weißen Streifen auf der Unterseite der Nadeln zu erkennen, die in zwei Reihen an den Ästen angeordnet sind. Die Douglasie (Pseudotsuga menziesii, Pinaceae) stammt von der Pazifikküste Nordamerikas und wurde im 19. Jahrhundert in Europa eingeführt. Ihre Nadeln duften nach Zitrusfrüchten, wenn man sie zerreibt. Auf der Unterseite befinden sich zwei weiße Streifen. [3]

Fichte
Maiwipferl – Fichten-Austrieb (Picea abies, Pinaceae)
Männliche und ein weiblicher Zapfen (rechts) sowie Triebe der Lärche (Larix decidua, Pinaceae)

Hüten sollte man sich vor einer Verwechslung der obengenannten Nadelbäume mit der Gewöhnlichen Eibe (Taxus baccata, Taxaceae): Fast alle ihre Pflanzenteile sind giftig. Ihre flachen Nadeln stehen zweizeilig an den Ästen und laufen spitz zu. Sowohl Ober- als auch Unterseite sind gleichmäßig dunkelgrün. [3]

Gewöhnliche Eibe (Taxus baccata, Taxaceae)

Jetzt wünsche ich dir viel Spaß beim Blattwerk sammeln und Baumblatt-Taboulé zubereiten! Wie gesagt, im nächsten Beitrag stehen Bäume, Sträucher und Lianen im Mittelpunkt, heimische aber auch eingeführte, von denen sich viele arzneilich und als Tee verwenden lassen.

Baumblatt-Taboule

Baumblatt-Taboulé

FÜR 4 PERSONEN
laktosefrei, vegan

Für den Salat
70 g Bulgur
140 ml Wasser
1 Prise Salz
1 Bund Radieschen (etwa 100 g nach dem Waschen und Putzen)
2 El Öl (z.B. Oliven- oder Kokosöl)
Salz, Pfeffer
1-Liter-Maß voll Baumblätter (je nach Geschmack sollten milde wie die von Ahorn und Linde überwiegen, herbe eher Akzente setzen)

Für das Dressing
Saft einer 1/2 Zitrone
2 El Olivenöl
2 El Wasser
1 Tl Ahornsirup
Salz, Pfeffer

Zur Deko
Essbare Blüten (z.B. von Zierkirsche und Spitzahorn)
Wenige junge weibliche oder männliche Zapfen von Fichte oder Lärche

 

Bulgur mit Wasser und der Prise Salz aufkochen und auf niedriger Stufe 10 Minuten gar köcheln lassen. Abkühlen.
Radieschen waschen, Blattstiele auf 1-2 cm kürzen, halbieren (Blätter anderweitig verwenden, z.B. als Pesto). Mit Öl, Salz und Pfeffer vermischen. Mit der Schnittseite nach unten im Ofen bei 175°C Umluft 10 Minuten rösten.
Alle Zutaten für das Dressing verrühren und anschließend mit Bulgur, Radieschen und Baumblättern vermengen. Mit den essbaren Blüten und/oder Zapfen dekoriert servieren.

 

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Strauß, M.: Köstliches von Waldbäumen: bestimmen, sammeln, zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2010.
[2] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[3] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.
[4] Beiser, R.: Tee aus Kräutern und Früchten. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2015.
[5] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. hans

    Als Kind bekamen wir immer Fichtenspitzen -Sirup gegen Husten

  2. hans Lohnert

    Als Kind bekamen wir immer Fichtenspitzen -Sirup gegen Husten

    1. Julia Hecht

      Ja, das ist nach wie vor eine bekannte Anwendung in der Volksheilkunde.

  3. Monika L.

    Sind junge Gingkoblätter auch geeignet?

    1. Julia Hecht

      Hey, dann ist Teil 2 ja genau das Richtige für dich – stay tuned!

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