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Wiesen-Bärenklau Shortbread mit Haselnüssen

Das erste frische Grün spitzt schon aus der Laubschicht: Giersch, Bärlauch, Knoblauchsrauke. Einzelne Blättchen wandern direkt in den Mund, eine Handvoll kommt in den Salat. Richtig viel mag ich noch nicht davon sammeln. Lassen wir die kleinen Pflänzchen noch ein bisschen wachsen! Außerdem wütet draußen noch das Sturmtief. Da ist mir mehr nach einer Tasse Tee und einem Stück von diesem Shortbread auf dem Sofa.

Das Rezept ist so lecker, schnell gemacht, einfach und vielfältig abwandelbar, dass ich es dir nur wärmstens empfehlen kann. Die wilde Shortbread-Variante erhält ihr Aroma von den getrockneten Früchten des Wiesen-Bärenklaus (Heracleum sphondylium, Apiaceae). Sie sind sehr aromatisch, ähnlich Kardamom. Manche beschreiben den Geschmack auch als zitrusartig. In jedem Fall ist er sehr intensiv. Sowohl die grünen, unreifen als auch die braunen, ausgereiften Früchte lassen sich verwenden, frisch oder getrocknet. [1, 2]

Wiesenbaerenklau-Samen

Aber keine Sorge, falls du dir letzten Herbst keine Vorräte aus wilden Samen angelegt hast oder sie vielleicht schon aufgebraucht sind: Das Rezept orientiert sich am Sizilianischen Shortbread von Rachel de Thample mit Zimt, Zitronenzeste und Olivenöl (Gifts from the Modern Larder. Kyle Books, London 2019). Die Autorin und Köchin kann ich jedem nur ans Herz legen, der sich für ausgefallene Rezepte und Fermente interessiert – häufig auch mit Wildpflanzen!

Tatsächlich lassen sich die getrockneten Fruchtstände vom Wiesen-Bärenklau immer noch finden, auf Wiesen, an Wegrändern, in lichten Wäldern. Er mag nährstoffreiche, eher feuchte Böden. Aber wer die Pflanze nicht kennt, sollte sich jetzt lieber den Standort merken und den Wiesen-Bärenklau während der kommenden Wildpflanzen-Saison kennenlernen, bevor er im Herbst erntet. Denn unter den weiß blühenden Doldenblütlern (Apiaceae) gibt es einige Doppelgänger, die zum Teil auch tödlich giftig sind, z.B. den Wasserschierling (Cicuta virosa) und den Gefleckten Schierling (Conium maculatum). Wer hat nicht schon einmal vom Schierlingsbecher gehört, mit dem im antiken Griechenland Todesurteile vollstreckt wurden? [3, 4]

Wiesenbaerenklau-Fruchtstand
Getrockneter Fruchtstand vom Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium, Apiaceae)

Wirklich spannend finde ich, dass sich unter den Doldenblütlern gleichzeitig einige unserer meistgenutzten Gemüse-, Heil- und Gewürzpflanzen finden: Sellerie, Möhre, Fenchel, Pastinake, Petersilie, Dill, Kerbel, Liebstöckel, Kümmel, Anis. Auch der Giersch und die Engelwurz gehören dazu. Ihren aromatischen Geruch verdanken die Doldenblütler dem hohen Gehalt an ätherischen Ölen.

Bestimmt hast du schon einmal gesehen, wie Fenchel blüht. Dann kennst du den typischen Blütenstand der Doldenblütler: die Dolde. Warum man nicht von Blüte spricht? Weil sich am Ende der Sprossachse ein Zusammenschluss vieler Einzelblüten findet, der sich vom Rest der Pflanze absetzt. Bei einer einfachen Dolde entspringen die Einzelblüten alle einem Punkt. Bei einer Doppeldolde entspringen den Doldenstrahlen weitere Döldchen [3, 4]. Strichzeichnungen von Dolden sind ein beliebtes Motiv für Logos, auf Tassen und sogar Bettwäsche. Wenn Dolden nicht schon überall zu finden wären, hätte ich ehrlich gesagt auch eine als Logo gewählt!

Wiesenbaerenklau-Bluete
Blüte vom Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium, Apiaceae)

Wiesen-Bärenklau hat Doppeldolden, was man auf dem Foto unten erkennt. Anhand des Blütenstandes lässt sich zwar die Familie gut erkennen, wenn man Gattung und Art bestimmen möchte, muss man genauer hinschauen. Siehst du die Blättchen am Ansatz der Döldchen auf dem Foto? Das sind Hüllchen. Wiesen-Bärenklau weist mehrere davon auf. Weiter unten, am Ansatz der Dolde sieht man keine Tragblätter. Wenn es welche gäbe, würde man sie Hüllblätter nennen. Wiesen-Bärenklau fehlen sie entweder, wie hier, er kann aber auch bis zu drei Hüllblätter besitzen. Das Vorhandensein bzw. Fehlen von Hülle und Hüllchen sowie reife Früchte sind wichtige Bestimmungsmerkmale der Doldenblütler. [3, 4]

Heracleum-sphondylium-Fruechte
Noch nicht ausgereifter Fruchtstand, Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium, Apiaceae)

Es gäbe noch viel zu berichten über Kennzeichen vom Wiesen-Bärenklau, seine bauchigen Blattscheiden und Fiederblätter. Aber ich glaube das war vorerst genug harte botanische Kost und über die anderen Merkmale sprechen wir, wenn du dir die Pflanze in Echt anschauen kannst.

Einen wichtigen Hinweis muss ich dir aber noch mit auf den Weg geben. Viele Vertreter der Doldenblütler enthalten Furocumarine mit phototoxischen Eigenschaften. So auch Wiesen-Bärenklau. Sein Pflanzensaft kann im Sonnenlicht Rötungen hervorrufen. Es empfiehlt sich, beim Ernten von frischem Pflanzenmaterial Handschuhe zu tragen und nach dem Verarbeiten, wenn Haut mit Pflanzensaft in Berührung gekommen ist, die betroffenen Stellen ein bis zwei Tage nicht direktem Sonnenlicht auszusetzen [1, 5].

Der Pflanzensaft des ursprünglich aus dem Kaukasus stammenden Riesen-Bärenklaus (Heracleum mantegazzianum) kann sogar brandblasenartige, schwere Entzündungen verursachen. Er lässt sich aber durch seine stattliche Größe von über 3 m vom Wiesen-Bärenklau unterscheiden. Außerdem sind die Blätter, Blattstiele und Stängel des Wiesen-Bärenklaus borstig behaart. [4]

Lass dich von Furocumarinen und Verwechslungsmöglichkeiten nicht abschrecken. Wiesen-Bärenklau enthält besonders viel Eiweiß, Eisen, Magnesium, Calcium und Vitamin C. Junge, vor der Blüte gesammelte Blätter bereichern mit ihrem sellerieähnlichen Aroma ab April Salat, Gemüse und Suppe. Ab Mai kann man noch geschlossene Blütenstände als „Brokkoli“ dünsten oder als Antipasti einlegen. [1, 5, 6]

Wiesen-Baerenklau-Shortbread

WIESEN-BÄRENKLAU SHORTBREAD

ERGIBT 30 STÜCK
vegan

100 g Haselnüsse
3 Tl getrocknete Früchte vom Wiesen-Bärenklau
350 g Dinkelmehl 630
130 g Vollrohrzucker
1 Prise Salz
175 g Haselnussöl
Fleur de Sel

Haselnüsse bei 160°C 10 Minuten rösten und grob hacken, sobald sie abgekühlt sind. Wiesen-Bärenklau Früchte in einer Kaffeemühle oder in einem Mörser möglichst fein mahlen.
Nüsse, Wiesen-Bärenklau, Mehl, Zucker und Salz mischen. Mit dem Haselnussöl verrühren. In eine ca. 23×23 cm große Form mit herausnehmbarem Boden streichen, die du vorher mit Backpapier ausgelegt hast. Die Oberfläche mit einer Gabel in Reihen einstechen. Lass zwischen den einzelnen Reihen etwa 2 cm Abstand.
Bei 160°C 20 Minuten backen. Sofort mit einer dünnen Schicht Vollrohrzucker und etwas Fleur de Sel bestreuen. 15 Minuten abkühlen lassen. Senkrecht zu den Reihen aus Gabeleinstichen in Stücke von etwa 7×2 cm schneiden.

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[2] Höller, A., Grappendorf, D.: Essbare Wildsamen: finden, sammeln, vielseitig genießen. Eugen Ulmer, Stuttgart 2019.
[3] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.
[4] Lüder, R., Lüder, F.: Doldenblütler von Pastinakengemüse bis Schierlingsbecher: Essbare Doldengewächse und ihre Verwechslungsmöglichkeiten. Kreativpinsel Verlag, Neustadt 2019.
[5] Strauß, M.: Köstliches von Sumpf- und Wasserpflanzen: bestimmen, sammeln, zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2013.
[6] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Denise

    Hallo Julia,

    auf der Suche nach einem alternativen Shortbread-Rezept bin ich auf deinem Blog gelandet. Sehr spannend, dass man sogar Wiesen-Bärenklau verwenden kann. Das wusste ich nicht.
    Ich werde dein Rezept auf jeden Fall ausprobieren, wenn ich alles beisammen habe! Und ich bin sehr gespannt, wie das Shortbread dann schmeckt.

    Viele Grüße

    1. Julia Hecht

      Hey Denise,
      lieben Dank für deinen Kommentar! Du musst unbedingt berichten, wie dir das Shortbread dann gefällt! Viel Spaß beim Sammeln und wilde Rezepte Ausprobieren!
      Liebe Grüße, Julia

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