Hallertauer Hopfenspargel kann bis zu 100 Euro das Kilo kosten! Eigentlich nicht verwunderlich: Die weißen, wenige Zentimeter langen Wurzeltriebe der Hopfenpflanze (Humulus lupulus, Cannabaceae) müssen mühsam und zeitintensiv aus der Erde gegraben werden. Kostenlos und bequem auf Augenhöhe findet sich jetzt eine andere Hopfen-Delikatesse: Die jungen, oberen, 10–20 cm langen Triebspitzen. Was besser schmeckt, kann ich nicht beurteilen, denn den Hallertauer Hopfenspargel habe ich noch nie probiert. Ich versichere dir aber, grüner Hopfenspargel ist verdammt lecker! Vor allem, wenn du ihn auf cremiger Polenta servierst, mit Tomaten und regelrecht süchtig machenden gerösteten Walnüssen!
Hopfen ist eine rechtswindende Liane und wächst zweihäusig: Männliche und weibliche Blütenstände bilden sich auf verschiedenen Pflanzen. Angebaut werden weibliche Exemplare wegen der gelbgrünen sogenannten Hopfendolden – eigentlich dichtblättrige Ähren. Diese Blütenzapfen enthalten die Bitterstoffe Humulon und Lupulon, weswegen man sie seit Jahrhunderten zum Bierbrauen verwendet. Mit dem Reinheitsgebot von 1516 verdrängte Hopfen sogar ältere Bierkräuter wie Schafgarbe, Gundermann und Bilsenkraut. Er würzt nicht nur, sondern hat auch konservierende Eigenschaften. [1, 2]
Hopfendolden enthalten neben Bitterstoffen ätherisches Öl, Gerbstoffe, Flavonoide und Phytoöstrogene. Letztere ähneln dem weiblichen Sexualhormon Östrogen und können bei Wechseljahrsbeschwerden helfen [3]. Darüber hinaus entspannt Hopfen, wirkt bei Schlaflosigkeit, beruhigt Haut sowie Gemüt und ist entzündungshemmend [4]. Weibliche Hopfenzapfen lassen sich auch als Tee zubereiten oder zum Aromatisieren von Getränken wie Likör verwenden [2].
Wenn du grünen Hopfenspargel zubereiten möchtest, ist es egal, ob du eine männliche oder weibliche Pflanze vor dir hast. Hauptsache, du achtest darauf, dass die 3- bis 5-lappigen, an der Basis herzförmigen Blätter gegenständig sind und zipfelige Nebenblätter haben, dann kannst du den Hopfen nicht mit den giftigen Zaunrüben (Bryonia alba, B. dioica) verwechseln [5]. Ein weiteres wichtiges Erkennungsmerkmal für Hopfen ist die borstige Behaarung, die sich auf dem Stängel und den Blättern findet und verhindert, dass die Pflanze beim Emporwachsen abrutscht [1, 6]. Keine Angst, sie verschwindet beim Erhitzen.
Natürlicherweise kommt Hopfen bei uns in Auwäldern und Erlenbrüchen sowie an Flussufern vor. Aber auch in manchen Gärten und in Gebüschen findet man ihn. Er liebt nährstoffreiche, feuchte Böden [1]. Grüner Hopfenspargel lässt sich von April bis Juli ernten – ältere Triebe werden holzig. Du kannst ihn nicht nur wie hier dünsten/kurz braten, sondern auch roh im Salat genießen.
POLENTA MIT HOPFENTRIEBEN
FÜR 2 PERSONEN
glutenfrei
Für die Polenta
100 g Polenta
250 ml Milch
250 ml Brühe
1 cm breiter Streifen Zitronenschale
Für das Topping
50 g Walnüsse
1 Knoblauchzehe
1 Tl Sojasauce
3 getrocknete oder in Öl eingelegte Tomatenhäften, alternativ 1 frische Tomate
etwa 20 Hopfentriebe
Öl zum Braten
Salz, Pfeffer
Milch und Brühe mit der Zitronenschale aufkochen. Polenta einstreuen und 10 Minuten gar köcheln lassen. Ab und an umrühren. Wer es cremiger mag, gibt noch etwas Brühe oder Milch dazu. Zitronenschale entfernen.
Walnüsse grob hacken, mit fein geriebener oder kleingeschnittener Knoblauchzehe und Sojasauce mischen. Bei 160°C Umfluft 12 Minuten rösten. Tomate fein würfeln.
Hopfentriebe mit Salz und Pfeffer 4–5 Minuten in Öl anbraten. Mit Tomate und Nüssen auf der Polenta servieren.
Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.
Literatur
[1] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.
[2] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.
[3] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[4] Veit, M.: Heilkosmetik aus der Natur – Pflegende Salben, Öle und Essenzen selber machen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2013.
[5] Rothmaler, W.: Exkursionsflora von Deutschland – Band 4 Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier GmbH, München 2005.
[6] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.