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Weißdorn-Fruchtleder

Ich bin immer auf der Suche nach leckeren, schnell gemachten Snacks für unterwegs – seit ich ein Dörrgerät besitze, gehört Fruchtleder unbedingt zu meinem Repertoire an Riegeln, Crackern und Co. Es zuzubereiten, ist denkbar einfach: Obst und/oder Gemüse pürieren, dünn ausstreichen und im Dörrgerät oder Backofen zu einer lederähnlichen Platte trocknen, die beliebig zugeschnitten werden kann, sogar gefüllt und aufgerollt. Luftdicht verschlossen hält sich Fruchtleder mehrere Monate. Wer mag, süßt mit Honig oder Agavendicksaft, Zucker und Ahornsirup lassen Fruchtleder brüchig werden. Bei der Wahl des Obsts muss man nur darauf achten, Sorten beizumischen, die ausreichend Pektin beisteuern, damit das Ergebnis eine flexible Konsistenz erhält. Äpfel und Blaubeeren enthalten beispielsweise viel Pektin, Erdbeeren eher wenig. Die Kombination Weißdorn, Apfel und Mandelmus mag ich besonders gern, allein schon wegen der Farbe! Sie schmeckt erfrischend herb-sauer und nicht zu süß.

Die Früchte des Weißdorns sind schon seit etwa August reif und lassen sich auch nach dem ersten Frost noch ernten. Die kleinen Apfelfrüchte leuchten dunkelrot von bis zu 10 m hohen, mit Dornen besetzten Sträuchern/Bäumen herab. Es gibt bei uns zwei heimische Weißdorn-Arten. Sie sind an ihren charakteristischen Blättern mit ein bis drei spitzen, tief eingeschnittenen Lappen gut zu erkennen. [1]

Weissdorn-Fruechte
Reife Früchte des Eingriffeligen Weißdorns (Crataegus monogyna, Rosaceae)

Die Blätter des Eingriffeligen Weißdorns (Crataegus monogyna, Rosaceae) sind jedoch tiefer gelappt. Die Hauptnerven der unteren Lappen krümmen sich bei dieser Art bogig von der Mittelrippe weg, beim Zweigriffeligen Weißdorn (Crataegus laevigata, Rosaceae) sind sie zur Mitte hin gekrümmt [1]. Wie der Name schon verrät, besitzt der Eingriffelige Weißdorn einen Griffel und einen Steinkern, der Zweigriffelige jeweils zwei. Die weißen Blüten beider Arten sind im Mai mit ihren rosafarbenen Staubbeuteln kaum zu übersehen.

Junge Blätter unserer heimischen Weißdorn-Arten lassen sich als Wildgemüse verwenden, wie du in diesem Beitrag nachlesen kannst. Blätter und Blüten fördern nachweislich die Durchblutung der Herzkranzgefäße und senken den Blutdruck. Für die Heilwirkung sind hauptsächlich Flavonoide verantwortlich. Um sie zu erzielen, ist aber eine Einnahme über mindestens sechs Wochen nötig. Die Früchte des Weißdorns sind sowohl roh als auch gekocht essbar. Sie schmecken süß und fruchtig, ungekocht aber etwas mehlig. Getrocknet lassen sie sich als Tee aufkochen oder zu Streckmehl mahlen. Sie ergeben leckere Marmelade und Kompott. Aus den geschroteten Samen kann man eine Art Kaffee brühen. [2, 3]

Weissdorn-Bluete
Eingriffeliger Weißdorn (Crataegus monogyna, Rosaceae) in Blüte
Weißdorn-Blatt
Blatt und unreife Früchte

Die herzstärkende Wirkung des Weißdorns wurde zwar erst Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt, mit dem Gewächs verbindet die Menschen Europas jedoch eine lange gemeinsame Geschichte [4]. Als in der Jungsteinzeit Jäger und Sammler zu sesshaften Bauern wurden, wurde der Weißdorn gleichbedeutend mit Schutz für Haus und Hof. Der Hagedorn, wie man ihn auch nannte, bildete mit Brombeere, Schlehe, Kreuzdorn, und Heckenrose eine Hecke, einen Hag, am Rande von Feldern und Weiden. Diese Dornenhecken wurden umso dichter, je mehr Ziegen und andere Weidetiere daran fraßen. Es bildeten sich wirksame Barrieren, die Nutztiere drinnen und Wildbeuter, Bären oder Wölfe draußen hielten. Auch heute noch findest du Weißdorn häufig in Hecken, an Wald-, Feld- und Wegrändern. Wenn er fruchtet, dann in der Regel üppig – jede Menge Wildobst, das du wunderbar verwenden kannst!

Weissdorn-Fruchtleder
Weißdorn-Fruchtleder vor (links) und nach (rechts) dem Trocknen
Weissdorn-Fruchtleder

WEIßDORN-FRUCHTLEDER

ERGIBT EIN 30X30CM GROßES FRUCHTLEDER
glutenfrei, laktosefrei, vegan

Für das Fruchtleder
200 g Weißdornfrüchte
200 g Äpfel, grob gehackt
1 El Zitronensaft
2 El weißes Mandelmus

Zum Dekorieren
Brennnesselsamen, geschälte Hanfsamen o.ä.

Weißdornfrüchte und Apfelstücke mit ein paar Eßlöffeln Wasser etwa 15 Minuten weich köcheln. Durch ein Sieb oder mit einer Flotten Lotte passieren. Fruchtmus mit Zitronensaft und Mandelmus verrühren. Masse möglichst gleichmäßig auf einem Stück Backpapier zu einer Größe von 30×30 cm ausstreichen. Nach Wunsch mit Samen dekorieren. Im Dörrofen bei 45°C etwa 5 Stunden trocknen lassen. Alternativ im Backofen auf niedrigster Stufe und bei spaltbreit geöffneter Ofentür dörren. Das Fruchtleder ist fertig, wenn keine feuchten Stellen mehr zu spüren sind und es sich leicht vom Backpapier löst. Falls das Fruchtleder zu trocken und hart geworden ist, einfach offen an der Luft etwas Feuchtigkeit ziehen lassen.

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.
[2] Strauß, M.: Köstliches von Hecken und Sträuchern: bestimmen, sammeln und zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2011.
[3] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[4] Storl, W. D.: Die Pflanzen der Kelten – Heilkunde, Pflanzenzauber, Baumkalender. AT Verlag, Aarau und München 2000.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Monika

    Liebe Julia,

    hast Du im Dörrautomat Backpapier untergelegt? Wie ging das mit der Luftzirkulation?
    Bzw. wie lange muss es ungefähr im Ofen lassen bei 40 Grad?

    Sehen sehr lecker aus 🙂

    lg Moni

    1. Julia Hecht

      Hallo Moni,
      Backpapier oder Dörrfolie funktionieren im Dörrgerät einwandfrei. Im Ofen brauchts etwa 8-12 Stunden – kommt ganz auf die verwendeten Zutaten und den Ofen an.
      viele Grüße, Julia

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