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Fichten-Schokotrüffel

Die Felder und Waldränder hier in Südostbayern sind seit gut einer Woche unter einer geschlossenen Schneedecke verschwunden. Nelkenwurz, Schafgarbe und Taubnessel, die sich eigentlich auch im Winter ernten lassen, stehen damit erst einmal nicht mehr auf dem Speiseplan. Was sich hingegen gut sammeln lässt – womöglich sogar von deinem unbehandelten, ungespritztem Weihnachtsbaum – sind die Triebe der Fichte (Picea abies, Pinaceae). Dass die hellgrünen, weichen Maiwipferl im Frühjahr essbar sind, darüber hatte ich in diesem Beitrag schon einmal geschrieben. Aber auch jetzt haben Fichtennadeln noch ein deutliches Zitronen-Aroma, mit dem sich diese luxuriösen Schokoladentrüffel verfeinern und färben lassen.

Die Fichte wirst du als häufigste Baumart unserer Wälder schnell antreffen [1]. Ursprünglich ist sie ein Baum der Mittelgebirge und Alpen. Heute findet man Fichten auch in tieferen Lagen, häufig in dunklen, dicht bepflanzten Monokulturen. Denn ihr Holz ist begehrt: Die bis zu 50 m langen Stämme wachsen schnell, sehr gerade und sind damit leicht zu bearbeiten. An der rötlich-braunen, schuppigen Rinde, der spitz zulaufenden, kegelförmigen Krone und den nach unten gebogenen Ästen erkennst du eine Fichte.

Fichtentriebe
Fichtentriebe (Picea abies, Pinaceae)
Fichtenmonokultur
Monokultur aus rot-braunen Fichtenstämmen.

Die schmalen, länglichen Fichtenzapfen werden bis zu 15 cm lang. Zuerst stehen sie aufrecht, dann wachsen sie hängend. Die spitzen, vierkantigen Nadeln einer Fichte stehen in alle Richtungen vom Ast ab. Fallen sie ab, lassen sie eine raue, raspelartige Oberfläche auf den Zweigen zurück [2]. Ausgereifte Nadeln lassen sich als Tee aufgießen oder eignen sich, um damit Sirup, Gelee, Wein, Essig und Schnaps zu aromatisieren. Im Gegensatz zu jungen Triebspitzen enthalten sie weniger Vitamin C dafür mehr ätherisches Öl mit Monoterpenen, Terpentinölen und Harzen [3]. Ätherisches Fichten-Öl wirkt gegen Mikroorganismen, ist auswurffördernd und durchblutungsfördernd. Als Badezusatz wird es bei Atemwegserkrankungen, Muskel- und Nervenschmerzen sowie rheumatischen Beschwerden eingesetzt [3, 4]. Bei Asthma und Keuchhusten sollte es jedoch nicht verwendet werden.

Fichtenzapfen
Harzende Fichtenzapfen
Fichtentrieb
Fichtennadeln laufen spitz zu und verteilen sich rund um den Zweig.

Andere Kieferngewächse, die in Mitteleuropa wachsen, sind seltener anzutreffen als die Fichte aber ähnlich verwendbar. Die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris, Pinaceae) ist sehr gut an den 4-5 cm langen Nadeln zu erkennen, die paarweise an Kurztrieben wachsen. Ihr Geschmack ist eher pfeffrig. Die Douglasie (Pseudotsuga menziesii, Pinaceae) stammt von der Pazifikküste Nordamerikas und wurde im 19. Jahrhundert in Europa eingeführt. Ihre Nadeln duften nach Grapefruit, wenn man sie zerreibt. Auf der Unterseite befinden sich zwei weiße Streifen. Die Weiß-Tanne (Abies alba, Pinaceae) ist an den zwei weißen Streifen auf der Unterseite der Nadeln zu erkennen, die in zwei Reihen an den Ästen angeordnet sind. Ihre Zapfen wachsen aufrecht, die Nadeln stechen nicht und schmecken herber als die der Fichte. [2]

Tannentrieb
Nadeln der Weiß-Tanne (Abies alba, Pinaceae)
Tanne_Unterseite
Tannennadeln sind an den zwei weißen Streifen auf der Nadelunterseite zu erkennen.

Hüten sollte man sich vor einer Verwechslung der obengenannten Nadelbäume mit der Gewöhnlichen Eibe (Taxus baccata, Taxaceae): Mit Ausnahme des roten Samenmantels ist alles an ihr giftig. Ihre flachen Nadeln stehen zweizeilig an den Ästen und laufen spitz zu. Sowohl Ober- als auch Unterseite sind gleichmäßig dunkelgrün. [2]

Nadeln der giftigen Eibe (Taxus baccata, Taxaceae) sind auf beiden Seiten gleichmäßig grün.

Falls du keine Lust hast auf einen Sammelspaziergang bei Eiseskälte oder zu ungeduldig bist, darauf zu warten, dass die gesammelten Fichtennadeln endlich trocken sind, kannst du für dieses Rezept einfach in deinen Vorräten stöbern. Auch verschiedenste Gewürze, Superfood-Pulver aus der Drogerie und getrocknete Blüten oder Blätter aus Teemischungen ergeben pulversiert oder zerbröselt tolle Effekte – da kann ich beim Stöbern im Küchenschrank schon mal in einen Farbrausch kommen! Ganz viel Spaß beim Experimentieren wünsche ich dir!

Fichtentrueffel

Fichten-Schokotrüffel

ERGIBT 12 STÜCK
glutenfrei, laktosefrei, nach Wunsch vegan

Für die Trüffel
100 g Zartbitterschokolade mit mind. 60–70% Kakaogehalt
50 g (vegane) Sahne, Kokosmilch oder Pflanzenmilch

Zum Wälzen
nach Wunsch Pulver aus getrockneten Fichtennadeln, getrocknete (pulverisierte) Blüten z.B. von Rose, Rotklee, Kornblume oder Holunder, Chai-Gewürz, Golden-Milk-Gewürz, Pulver aus getrockneten Orangenschalen, Kakaopulver, gehackte Nüsse, Rote-Bete-Pulver, Hagebuttenpulver …

Schokolade fein raspeln, z.B. in der Küchenmaschine. Sahne aufkochen lassen und über die Schokolade gießen. Vorsichtig rühren, bis alles geschmolzen und homogen ist. Etwa vier Stunden im Kühlschrank fest werden lassen.
In der Zwischenzeit Pflanzenpulver herstellen. Dafür getrocknete Fichtennadeln oder Rosenblüten etc. in der elektrischen Kaffeemühle fein mahlen und anschließend sieben. Falls das Messer nicht richtig greift, Fichtennadeln zusammen mit etwas Zucker oder Kokosraspel mixen. Zu beachten ist, dass der Fichtenzucker auf den Trüffeln sehr schnell Wasser zieht – also gleich servieren!
Sobald die Trüffelmasse fest ist, jeweils etwa 10 g davon abstechen und in den Handflächen zu einer Kugel rollen. Anschließend im Fichtenpulver oder dem Geschmacksgeber deiner Wahl wälzen. Hält sich im Kühlschrank etwa eine Woche.

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Strauß, M.: Köstliches von Waldbäumen: bestimmen, sammeln, zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2010.
[2] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.
[3] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[4] Germann, G. und P.: Pflanzen der Aromatherapie – 90 Duftpflanzen erkennen und anwenden. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2012.