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Felsenbirnen-Scones

Dieses Jahr scheint nicht nur bei Buchen ein Mastjahr zu werden, auch etliche Arten Wildobst tragen üppig Früchte! Im Moment reifen die Apfelfrüchte der Felsenbirne (Amelanchier spec., Rosaceae) und laden zur Ernte ein. Nach den lang gestielten, tief violett bis schwarzblauen, etwa einen Zentimeter großen Früchten ist der Strauch benannt worden: Amelanche ist keltischen Ursprungs und bedeutet Äpfelchen [1]. Sie schmecken süß, saftig und erinnern etwas an Bittermandel. Felsenbirnen lassen sich roh oder erhitzt verzehren, z.B. in diesen Scones. Inspiriert vom Backbuch Good to the Grain: Baking with Whole-Grain Flours von Kim Boyce (Stewart, Tabori & Chang, New York 2010) gebe ich Gerstenmehl in den Teig, dessen mild-nussiger Geschmack sich hervorragend mit dem leichten Marzipan-Aroma der Felsenbirnen ergänzt.

Felsenbirnen-Fruechte
Unreife Früchte der Felsenbirne (Amelanchier spec., Rosaceae)
Felsenbirnen-Fruechte
Reife Früchte

Bei uns ist die Gewöhnliche Felsenbirne (Amelancher ovalis, Rosaceae) heimisch. Häufig findet sich auch die amerikanische Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii, Rosaceae), deren ovale, gezähnte Blätter mit 4–8 cm doppelt so lang werden wie die der Gewöhnlichen Felsenbirne. Die Früchte aller Arten sind jedoch essbar. Felsenbirnen werden als anspruchslose, widerstandsfähige Ziersträucher häufig in Gärten, Parks und Hecken gepflanzt und sind wegen ihrer dekorativen, weißen Blüten sowie der schönen Herbstfärbung beliebt. Sonnige Standorte mit felsigem Untergrund sagen ihnen besonders zu. [1–3]

Felsenbirnen-Knospen
Blütenknospen der Felsenbirne (Amelanchier spec., Rosaceae)
Felsenbirnen-Bluete
Blüten der Felsenbirne

Die reifen Früchte der Felsenbirne eignen sich für Kompott, Marmelade, Sirup, Kuchen, Obstsalat, Früchtequark, Likör, Crumble, Muffins und gedörrt z.B. im Müsli oder Tee [1, 3, 4]. Die indigene Bevölkerung Nordamerikas trocknet große Mengen als Vorrat und verwendet sie als Zutat in Pemmikan [5]. Felsenbirnen enthalten reichlich Anthozyane gegen oxidativen Stress, Vitamine (vor allem Vitamin C), Mineralien wie Eisen, Phosphor, Magnesium, Kalzium, Kalium, außerdem Pektin und Gerbstoffe [3]. Darüber hinaus finden sich in ihnen kleine Mengen Blausäureglykoside. Aus unzerkaut hinuntergeschluckten Kernen werden sie nicht frei. Beim Erhitzen über 26°C verflüchtigt sich Blausäure aus einem offenen Gefäß [1]. Vor allem Kinder sollten Felsenbirnen jedoch roh nicht in großen Mengen zu sich nehmen. Der Vollständigkeit halber: Es gibt einzelne Autoren, die sogar empfehlen sämtliche Kerne zu entfernen [3]. Deutlich mehr Personen berichten jedoch davon, dass sie die ersten Felsenbirnen des Jahres händeweise direkt vom Strauch genießen, deshalb halte ich diese Vorsichtsmaßnahme für übertrieben.

Außerdem benötigst du für dieses Rezept lediglich eine Handvoll Früchte, die zudem schnell gepflückt ist. Wenn du kein Gerstenmehl findest, kannst du es auch durch Dinkel-/Weizenmehl ersetzen. Da Gerste (Hordeum vulgare, Poaceae) wenig Gluten enthält, das Teigen Elastizität verleiht, eignet sie sich eher für Fladen als für hohe, aufgegangene Brote. Deshalb mische ich sie hier mit Dinkelmehl, das etwas mehr Gluten enthält. Gerste geriet etwas in Vergessenheit, obwohl sie eine der ältesten Getreidearten Nordischer Länder ist. Sie toleriert ein kühleres Klima und kürzere Vegetationsperioden als Weizen (Triticum aestivum, Poaceae) und sogar Roggen (Secale cereale, Poaceae) [6]. Das Mehl daraus ist mild-süßlich und verleiht Gebäck eine schöne goldene Farbe – vielleicht ist dieses Rezept genau das Richtige, um dich an zwei traditionsreiche Pflanzen, Felsenbirne und Gerste, heranzutasten?

Felsenbirnen-Scones

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

FELSENBIRNEN-SCONES

ERGIBT 8 STÜCK

125 g Gerstenvollkornmehl
125 g Dinkelmehl 630
50 g Zucker
1 Prise Salz
2 Tl Backpulver
120 g kalte Butter
100 ml Buttermilch
1 Ei
120 g Felsenbirnen

 

Beide Mehlsorten, Zucker, Salz und Backpulver mischen. Butter in kleinen Stücken möglichst schnell mit den Fingern in die Mehlmischung reiben. Buttermilch und Ei unterrühren, zuletzt vorsichtig die Felsenbirnen unterheben. Keine Angst, der Teig ist sehr feucht. Einfach auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben und zu einem etwa 3 cm hohen, rustikalen Fladen ausstreichen. Bei 175 °C Umluft 20–25 Minuten backen und vor dem Servieren achteln. Schmeckt fantastisch noch warm mit etwas Butter!

Literatur

[1] Strauß, M.: Köstliches von Hecken und Sträuchern: bestimmen, sammeln und zubereiten. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2011.
[2] Lüder, R.: Grundkurs Gehölzbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2012.
[3] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[4] Beiser, R.: Unsere essbaren Wildpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2014.
[5] Gibbons, E.: Stalking the Wild Asparagus. Stackpole Books, Lanham, 1962.
[6] Nilsson, M.: The Nordic Cook Book. Phaidon Press Limited, London 2017.