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Pflanzenfamilien: Asteraceae (Korbblütler)

Keine Pflanzenfamilie springt mir im Moment so sehr ins Auge wie die Korbblütler: Schafgarbe, Kornblume und Kamille am Feldrand, Ferkelkraut im Rasen, Pippau und Greiskräuter aller Art an Zäunen und in Asphaltritzen! Alle diese Pflanzen gehören zur aktuell weltweit zweitgrößten Familie, den Asteraceae [1]. Bei uns wachsen ihre Vertreter als Kräuter und Stauden, in anderen Breitengraden findet man auch Bäume, Sukkulenten und Kletterpflanzen [2]. Wir schätzen Korbblütler als Zier-, Gemüse- und Heilpflanzen: Sonnenhut, Mädchenauge, Artischocke, Kopfsalat, Schwarzwurzel, Sonnenblume, Beifuß, Ringelblume, Mariendistel, Wegwarte und Gänseblümchen sind eine kleine Auswahl davon. Fast alle Pflanzen, die wir als Disteln bezeichnen, gehören zu den Korbblütlern.

Stell dir vor, ich reiche dir eine einzelne Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare, Asteraceae), wie sie unten auf den Fotos abgebildet ist. Wie viele Blüten hältst du wohl in der Hand?

Margerite
Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare, Asteraceae)
Margeriten

Tatsächlich sind es mehr als du wahrscheinlich Lust hast zu zählen! Jeder weiße Strahl im äußeren Ring und jede winzige Erhebung im orangefarbenen Kreis ist eine einzelne Blüte. Von außen nach innen blühen die zu einem sogenannten Blütenstand zusammengezogenen Blüten nacheinander auf und täuschen eine riesige Einzelblüte vor. Sie sitzen ungestielt auf der Blütenstandsachse – man spricht von Köpfchen oder Körbchen, je nachdem, ob der Boden stärker aufgewölbt oder eingesenkt ist. So kam diese Pflanzenfamilie zu ihrem Namen und an diesem charakteristischen Blütenstand erkennst du sie. Er ist von Hüllblättern umschlossen, die häufig, aber nicht immer grün sind. Du siehst diese Hülle oben auf dem linken Bild der Wiesen-Margerite. Sie entspricht dem Pflanzenteil, den wir von einer Artischocke essen. Fälschlicherweise wird die Hülle oft als Kelch bezeichnet. [2, 3]

Die Einzelblüten der Asteraceae sind so einheitlich aufgebaut, dass sie nicht zur Bestimmung herangezogen werden. Sie bestehen immer aus fünf verwachsenen Blütenblättern. So ergeben sich radiäre Röhrenblüten, die mehr als zwei Symmetrieebenen haben wie die orangefarbenen Blüten der Wiesen-Margerite. Und was ist mit ihren weißen Strahlen? Hier sind die fünf verwachsenen Blütenblätter einseitig verlängert. Man spricht von zygomorphen Zungenblüten, die nur eine Symmetrieebene besitzen.

Interessant für die Unterscheidung von Korbblütler-Arten ist, welcher der beiden Blütentypen – Röhren- oder Zungenblüten – vorhanden ist. Manche Asteraceae besitzen nur Röhrenblüten. Unten siehst du drei Vertreter. Lass dich nicht davon verwirren, dass bei der Kornblume (Cyanus segetum, Asteraceae) und der Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea, Asteraceae) die randständigen gegenüber den mittleren Blüten vergrößert sind.

Kornblume
Kornblume (Cyanus segetum, Asteraceae)
Kratzdistel
Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense, Asteraceae)
Flockenblume
Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea, Asteraceae)

Andere Korbblütler weisen nur Zungenblüten auf wie die Wegwarte und der Rainkohl unten. Manchmal täuschen ungeöffnete Blüten in der Mitte Röhrenblüten vor. Es gibt jedoch einen einfachen Trick, das zu erkennen: Enden die äußeren Zungenblüten in fünf Zipfeln, handelt es sich im gesamten Blütenstand ausschließlich um Zungenblüten [2, 3]. Solche Korbblütler besitzen in der Regel Milchsaft und bilden die eigene Unterfamilie der Cichorioideae – benannt nach der Wegwarte (Cichorium intybus, Asteraceae) [1].

Wegwarte
Wegwarte (Cichorium intybus, Asteraceae)
Rainkohl
Rainkohl (Lapsana communis, Asteraceae)

Die Wiesen-Margerite oben sah aber doch anders aus als die beiden Typen, die ich gerade vorgestellt habe! Genau, es gibt auch Korbblütler mit randständigen Zungenblüten und innenständigen Röhrenblüten. Hier enden die Zungenblüten immer in drei Zipfeln, wie du auf dem Foto unten links erkennst. Auf dem Foto rechts siehst du, wie sich im Anschluss an die Zungenblüten der erste Ring Röhrenblüten geöffnet hat.

Duftlose-Kamille
Duftlose Kamille (Tripleurospermum inodorum, Asteraceae)
Kreuzkraut
Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens, Asteraceae)

Ein weiteres Merkmal, um Korblütler voneinander zu unterscheiden, ist das Vorhandensein oder die Abwesenheit von Spreublättern zwischen den einzelnen Blüten. Es handelt sich dabei um Tragblätter, in deren Achseln die Blüten sitzen. Da sie sehr klein und unscheinbar sind, muss man das Blütenköpfchen auseinandernehmen, um sie zu suchen. [2]

Spreublaetter
Ferkelkraut (Hypochaeris radicata, Asteraceae): Zungenblüte mit Spreublatt (l.), Spreublatt (m.), Zungenblüte (r.)

Auf dem Foto oben siehst du nicht nur die durchscheinenden Spreublätter des Ferkelkrauts (Hypochaeris radicata, Asteraceae), sondern auch wie die Staubblätter eine Röhre bilden, durch die sich der Griffel schieben muss. Dabei befördert er den Pollen nach außen. Erst später öffnen sich die beiden Narben und können befruchtet werden. Man spricht von sekundärer Pollenpräsentation.

Wenn du genau hinschaust, entdeckst du noch eine Eigenart der Korbblütler. An der Basis der Zungenblüten – oberhalb des unterständigen Fruchknotens – befinden sich feine Haare. Oben hatte ich ja erzählt, dass die Hülle der Korbblütler oft falsch als Kelch bezeichnet wird. Diese weißen Härchen entsprechen den Kelchblättern und werden Pappus genannt. Manchmal fehlen sie, oft dienen sie als Flughaare bei der Verbreitung der Korbblütler-Früchte (Achänen). Die „Fallschirme“ des Löwenzahns sind nichts anderes.

Loewenzahn
Löwenzahn (Taraxacum officinale, Asteraceae)
Goldrute
Kanadische Goldrute (Solidago canadensis, Asteraceae)

Noch ein Wort zu den Blättern der Asteraceae: Sie können sowohl wechsel- als auch seltener gegenständig wachsen. Meist sind sie einfach, selten zusammengesetzt und insgesamt sehr variabel.

Wie bereits beschrieben nutzen wir unzählige Korbblütler – viele sind essbar, nur wenige enthalten giftige Pyrrolizidinalkaloide (vor allem die Gattung der Greis- oder Kreuzkräuter, Senecio). Zu den wichtigen Inhaltsstoffen dieser Pflanzenfamilie gehören Bitterstoffe und Inulin. Ätherische Öle bilden z.B. Schafgarbe (Achillea millefolium, Asteraceae) und Kamille (Matricaria chamomilla, Asteraceae). Azulen-Verbindungen färben diese blau. Jedoch nicht alle Menschen vertragen die Vertreter der Asteraceae: Wer eine entsprechende Allergie hat, sollte Korbblütler sowohl innerlich als auch äußerlich meiden.

Zu guter Letzt ein Hinweis zu den Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Familien, denn nicht alle köpfchenbildenden Pflanzen gehören zu den Asteraceae. Am ehesten wird man wohl Geißblattgewächse (Caprifoliaceae) wie die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis, Caprifoliaceae) unten für Korbblütler halten. Diese besitzen jedoch freie Staubbeutel und häufig einen radförmigen Außenkelch an der Frucht.

Acker-Witwenblume
Acker-Witwenblume (Knautia arvensis, Caprifoliaceae)

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Elpel, T. J.: Botany in a Day APG – The Patterns Method of Plant Identification. HOPS Press, Pony 2018.
[2] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.
[3] Hess, D.: Systematische Botanik. Eugen Ulmer, Stuttgart 2005.