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So kandierst du Veilchen und andere Blüten

Geduld und Fingerspitzengefühl sollte man mitbringen, wenn es um das Kandieren filigraner Blüten geht. Aber meiner Meinung nach lohnt sich die Mühe wirklich und du erhältst mit den richtigen Zutaten ein wunderschönes Ergebnis, mit dem sich Torten und Desserts noch Monate später dekorieren lassen. Gerade weil der Prozess zeitaufwendig ist, finde ich, sollte man nicht zu Zuckerlösung oder geschlagenem Eiweiß greifen, sondern in der Apotheke oder online etwas Gummi arabicum bestellen. Damit bleiben die kandierten Blüten länger haltbar und behalten ihre Form.

Der getrocknete Wundsaft verschiedener afrikanischer Akazienbäume wird gerne in Lebensmitteln, Kosmetik, Räucherwerk und Künstlerfarben z.B. als Verdickungsmittel, Konsistenzgeber, Emulgator und Klebstoff verwendet. Gummi arabicum lässt sich leicht in Wasser lösen. Mit der klaren Flüssigkeit bepinselt man sorgfältig alle Blüten- oder auch Blattoberflächen, bestreut das Ganze mit feinem Kristallzucker und muss nur noch warten, bis alles trocken ist. Zum Kandieren eignen sich alle essbaren Blüten – unten findest du einige Vorschläge. Der Klassiker sind natürlich Duft- oder März-Veilchen (Viola odorata, Violaceae), die schon Kaiserin Sissi als Nascherei geliebt haben soll. 

Duft-Veilchen blühen bereits sehr früh im Jahr: ab Anfang März bis Ende April. Du wirst sie wahrscheinlich direkt am Duft erkennen, denn es gibt sonst keine Art, die diesen Geruch verströmt. Verantwortlich ist ätherisches Öl, das Eugenol und Curcumen enthält [1]. Ursprünglich stammt das Duft-Veilchen aus Südeuropa. Bei uns ist es aus Gärten verwildert und liebt frische nährstoffreiche Lehmböden in Auwäldern und an Bachufern [2]. Auch an schattigen Standorten in Wiesen und Gärten ist es zu finden. Die mehrjährige Staude wird nur 5–8 cm hoch.

Duft-Veilchen
Duft- oder März-Veilchen (Viola odorata, Violaceae) in Blüte
Veilchen-Kelch
Anordnung der Kelch- und Kronblätter haben zur Bezeichnung Stiefmütterchen geführt

Typische Merkmale für das Duft-Veilchen, anhand derer man es von anderen heimischen Veilchen-Arten unterscheiden kann, sind:

  • eine grundständige Rosette, in deren Mitte die herzförmigen Blätter zusammenlaufen
  • eiförmig-zugespitzte Nebenblätter an der Basis der Blätter
  • lang gestielte, wohlriechende, dunkel-violette Einzelblüten (selten rosa oder weiß), die den Achseln der Rosettenblätter entspringen
  • lange Ausläufer [3]

Das häufig anzutreffende Hunds-Veilchen (Viola canina, Violaceae) wächst im Gegensatz dazu nicht als Rosette, sondern mit beblätterten Blütentrieben. Die Blüten sitzen in den Achseln der Stängelblätter. Die Nebenblätter sind deutlich gefranst.

Veilchen-Auslaeufer
Grundständige Rosette des Duft-Veilchens mit langem Ausläufer oben links
Veilchen-Nebenblatt
Eiförmig zugespitztes Nebenblatt des Duft-Veilchens

Es gibt etwa 20 heimische Veilchen-Arten, die gern untereinander hybridisieren. Kreuzungen verschiedener europäischer und asiatischer Arten haben zu den bei uns als Zierpflanzen beliebten Garten-Stiefmütterchen (Viola x wittrockiana, Violaceae) und Horn-Veilchen (Viola cornuta, Violaceae) geführt. Genau wie beim heimischen wilden Stiefmütterchen (Viola tricolor, Violaceae) sind bei den zwei Zierformen die seitlichen der fünf Kronblätter nach oben gerichtet. Bei Duft- und Hunds-Veilchen sind sie abwärts gerichtet. Allen Arten der Gattung Viola gemeinsam ist, dass das unterste Kronblatt in einen mit Nektar gefüllten Sporn ausläuft.

Bluete-Garten-Stiefmuetterchen
Blüten einer kultivierten Form des Horn-Veilchens
Nebenblaetter-Garten-Stiefmuetterchen
Ausgeprägte fiederspaltige Nebenblätter des Horn-Veilchens

Der Name Stiefmütterchen geht auf die Anordnung der Kelch- und Kronblätter zurück (siehe Foto ganz oben). Dafür betrachtet man die Blüte am besten von hinten: Das unterste Kronblatt, die Stiefmutter, hat es sich auf zwei Kelchblättern, sprich Stühlen, gemütlich gemacht. Ihre Töchter, die zwei seitlichen Kronblätter, sitzen auf je einem Stuhl. Die beiden Stieftöchter ganz oben müssen sich einen einzigen Stuhl teilen! [2]

Die Blüten und Blätter aller Arten der Gattung Viola sind essbar – zum Teil besitzen sie aber einen medizinischen Geschmack aufgrund der enthaltenen Salizylsäure. Vor allem größere Mengen des wilden Stiefmütterchens, Viola tricolor, können zu Erbrechen führen. Das Kraut hat jedoch einen festen Platz in der Naturheilkunde: Flavonoide, Schleimstoffe, Saponine und Salizylsäure-Verbindungen wirken schleimlösend und entzündungshemmend. Ein Kräuter-Sud findet in Form von Umschlägen oder Badezusatz bei gereizter, entzündeter Haut, Milchschorf, Hautausschlägen und Hautunreinheiten Anwendung. Auch Blätter und Wurzeln des Duft-Veilchens wurden volksmedizinisch als mild schleimlösendes Hustenmittel und äußerlich bei Verletzungen oder Verbrennungen eingesetzt [1, 4].

Vor allem gelten Duft-Veilchen-Blüten aber seit Jahrhunderten als Delikatesse. Sie lassen sich nicht nur kandieren, sie aromatisieren auch Essig und färben ihn leuchtend rosa! Den Duft kann man auch in Likör, Sirup, violettem Veilchenzucker und als blaugefärbten Tee einfangen. Roh eignen sich die Blüten als Dekoration über Salat oder Nachspeisen gestreut. Auch die Blätter machen sich im Salat oder in verschiedenen Gemüsegerichten gut. [1, 5] Ich wünsche dir viel Spaß beim Experimentieren!

Blueten kandieren

Kandierte Blüten

ERGIBT SO VIELE, WIE DEINE GEDULD HERGIBT
glutenfrei, vegan, laktosefrei

1 Tl gemahlenes/pulverisiertes Gummi arabicum
3 Tl lauwarmes Wasser
weißer Kristallzucker
Frische Blüten von Veilchen, Primeln, Gänseblümchen, Flieder, Rosen usw. an einem trockenen Tag gepflückt. Auch Blätter sind geeignet.

Gummi arabicum mit dem Wasser klümpchenfrei anrühren und etwa 10 Minuten quellen lassen. In der Zwischenzeit Zucker im Mörser etwas feiner reiben – Puderzucker ergibt meiner Meinung nach kein so schönes Ergebnis.
Stiele und Kelchblätter von den Blüten so gut es geht entfernen – eine kleine spitze Schere ist hilfreich. Mit einem feinen Pinsel die Gummi-arabicum-Lösung möglichst dünn auf alle Blütenoberflächen auftragen, dabei lässt sich die Blüte gut am Stiel oder Sporn festhalten, ggf. mit einer dünnen Pinzette. Anschließend mit Zucker berieseln.
Blüten auf einem Stück Backpapier zwei bis drei Tage lang trocknen lassen. Luftdicht verschlossen und lichtgeschützt sind die kandierten Blüten mehrere Monate haltbar.

Im Umgang mit essbaren Wildpflanzen gilt: Sammle nur, was du hundertprozentig bestimmen kannst und nicht unter Naturschutz steht. Probier erst eine kleine Menge, wenn du eine Wildpflanze zum ersten Mal zu dir nimmst. Recherchiere potentielle Kontraindikationen, z.B. bei Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder Allergien. Für Schäden kann keine Haftung übernommen werden.

Literatur

[1] Fleischhauer, S. G., Guthmann, J., Spiegelberger, R.: Enzyklopädie essbare Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau und München, 2016.
[2] Lüder, R.: Grundkurs Pflanzenbestimmung. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2013.
[3] Parolly, G., Rohwer, J. G.: Schmeil Fitschen – Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim 2019.
[4] Stumpf, U.: Kräuter – Gefährten am Wegesrand. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2018.
[5] Louis, L.: Wilde Waldküche. Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2014.